Das 1×1 des agilen Mindsets

VUCA – dieser Begriff umschreibt das sprunghafte und unkalkulierbare Geschäftsumfeld, das sich seit einigen Jahrzehnten aufschaukelt und enorme Auswirkungen auf interne Teams hat. Gefordert werden agile Projektteams und agile Mindsets. Dieser Beitrag verrät, was Sie tun können, um das agile Mindset Ihrer Mitarbeiter zu fördern.

Wenn es um ein agiles Mindset geht, muss man daran erinnern, dass unsere Steinzeitgene nicht besonders gut zu unserer VUCA-Welt passen. Und sie sorgen – oft ganz unbewusst – dafür, dass wir…

  • Orientierung (Bedürfnis nach Orientierung/Kontrolle),
  • eine gute Gemeinschaft (Bedürfnis nach Bindung/Verbundenheit) sowie
  • Selbstwertbestätigung (Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung/-schutz) suchen

und mit Widerstand und Starrheit reagieren, wenn diese Grundbedürfnisse nicht befriedigt werden. Umstände und Personen, die diese Bedürfnisse verletzen, meiden oder bekämpfen wir (Flucht- und Kampfreflexe sorgen für alles, aber nicht für Agilität) und solche, die sie befriedigen helfen, suchen oder unterstützen wir – das heißt dann Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung. All das erhöhte die Überlebenschancen in Urzeiten deutlich. Da wir nun an den VUCA-Umständen nichts ändern können, müssen wir lernen, anders damit umzugehen. Das vielbeschworene agile Mindset gibt es definitiv nicht auf Kommando. Und doch ist es möglich – mit den folgenden Kniffen.


#1 Formulier’ eine Projektvision

Das menschliche Gehirn braucht Orientierung. Die klassische Unternehmens- oder Projektplanung (Wasserfallplanung) gab das. Man wusste, was man am Ende abliefern sollte und das gab Sicherheit. Aber die Anforderungen ändern sich heute im laufenden Tagesgeschäft zu stark, als dass man es i.d.R. noch von Beginn an durchplanen könnte. Wie kann man also trotzdem Orientierung geben? Als hilfreich empfinden Menschen tatsächlich eine Projektvision. Zum Beispiel: „Das neue Dokumentenmanagement unterstützt die Zusammenarbeit quer zu Abteilungen und Standorten. So werden effiziente Arbeitsweisen ermöglicht, der Aufwand für interne Abstimmung minimiert.“ Auch ganz ohne SMART-formulierte Ziele erreicht man damit viel. Vielzitiert ist das berühmte Beispiel von Kennedy, der einem Pförtner der NASA dafür dankte, dass er ihm dabei hilft, zum Mond zu fliegen. Welches ist Ihre Vision? Teilen Sie sie, denn das stillt das Bedürfnis ihrer Leute nach Orientierung; diskutieren Sie darüber, denn das stillt das Bedürfnis nach Kontrolle; goutieren Sie die Beiträge, denn das stillt das Bedürfnis nach Wertschätzung und Verbundenheit zu Ihnen.


#2 Sei als Mensch authentisch

Mitarbeiter wollen authentische Vorgesetzte. Das zeigen Studien immer wieder. Warum? Weil sie dann wissen, woran sie sind. Sie bekommen Orientierung. Schlecht ist, wenn man als jemand gilt, der eine doppelte Agenda hat, jedem etwas anderes erzählt, keine klaren Botschaften sendet und sprunghaft ist. Am besten ist natürlich, wenn einen andere als sympathisch und berechenbar einschätzen. Dann bedient man die ersten beiden Grundbedürfnisse in einem. Wirken Sie nicht authentisch, wird man Sie meiden. Nicht oder wenig mit Ihnen in Kontakt zu kommen, wird Ihren Projektmitarbeitern in so einem Fall helfen, ihren Selbstwert zu schützen. Sie werden weniger Informationen bekommen und vielleicht auch keine Unterstützung, wenn Sie sie brauchen.


#3 Sorg’ für klare Rollen

Investieren Sie Zeit, die Projektrollen der einzelnen Teammitglieder sauber zu definieren. Klare Roles & Responsibilities vermeiden nicht nur Doppelarbeit, sondern schaffen Klarheit und Orientierung. Wenn man seinen Job gut macht und Leistung bringt, steigt auch das Selbstwertgefühl. Wenn man nicht weiß, wofür man zuständig ist, schwimmt man und dieses Gefühl nagt am Selbstwert. Weil wir unseren Selbstwert schützen, möchten wir diesen Zustand wieder regulieren – aus diesem Grund kündigt ein Projektmitarbeiter vielleicht sogar oder bittet darum, aus dem Projekt genommen zu werden. Was meinen Sie: Würde einer Ihrer Mitarbeiter dies lesen, würde er sagen, dass die R&R in Ihrem Team geklärt sind?


#4 Lobe und gib’ Feedback

„Nichts gehört ist Lob genug“ – das ist eine alte Redensart, die noch funktionierte, als in früheren Zeiten starre Richtlinien für das Mitarbeiterverhalten in Unternehmen gesetzt wurden und Chefs den Tag mit Kontrolle und Korrektur verbrachten. Heute, wo man immer selbstverantwortlicher handelt, braucht man die Orientierung. Wenn also etwas gut gelungen ist, sagen Sie dies unbedingt; wenn etwas besser laufen könnte, sagen Sie es auch. Nicht schleimig (sonst wirken Sie nicht authentisch, s.o.) und nicht für Nichtigkeiten, aber sonst immer gerne. Selbst negatives Feedback gibt Orientierung. Wertschätzend kritisieren (d.h. die Sache, nicht die Person) muss man etwas üben, aber man kann so das Bedürfnis nach Orientierung, Selbstwert und Verbundenheit bedienen. Hören Sie persönlich nicht auch gerne Lob?


#5 Binde ein und tausch’ Dich aus

Wenn man in Entscheidungen eingebunden wird, bekommt man das Gefühl, dass man Kontrolle über die Umstände hat. Das bedient unser Bedürfnis nach Orientierung. Außerdem ist es ein Zeichen von Wertschätzung und Verbundenheit, wenn die Führungskraft Teammitglieder einbindet. Gleiches gilt, wenn man Informationen teilt. Gehen Sie raus; Sprechen Sie mit Ihren Leuten über Entwicklungen, Stände, Risiken, Möglichkeiten. Holen Sie ihre Meinungen ein. Das hilft Ihnen nicht nur bessere Entscheidungen zu treffen, sondern auch das Konsistenzgefühl Ihrer Mannschaft zu fördern. Immer überlegenswert sind auch regelmäßige Meetings, Jour fixes oder Brainstormings. Natürlich sollten Sie auf die Effizienz dieser Meetings achten, denn damit kann man auch viel Zeit vergeuden. Aber tatsächlich gibt man den Mitarbeitern damit die Chance Konsistenz zu erzeugen, weil sie in einem turbulenten Projektumfeld Orientierung bekommen und daraus Selbstwert schöpfen und die Verbundenheit zu Ihnen und den anderen stärken. Das wäre dann gut investierte Zeit: Der Lohn ist ein agiles Mindset im Projekt.

 

Erfolgreiche Führungskräfte der Zukunft können also nicht nur Projekte à la SCRUM in kleine Portionen schneiden und in Sprints aufgeteilt managen, sondern sie führen ihre Teams so, dass ihr Sicherheitsbedürfnis trotz sich verändernder Umstände befriedigt wird. Solche Projektmanager werden gesucht werden wie Bernstein an der Ostseeküste!

 

Artikel zitieren

Burg, M. (2018): Das 1×1 des agilen Mindsets / VUCA TO GO, in: VUCABLOG [Weblog], 6.7.2018, Online-Publikation: https://blog.monikaburg.com/2018/07/06/vuca-to-go-4-das-1-mal-1-des-agilen-mindsets/, Abrufdatum: TT.MM.JJJJ

 

Bildquelle: rawpixel – pixabay.com

 

Zuletzt aktualisiert am 6.7.2018